..............Kunst sind wohl glanzvolle Namen, aber in ihren Schöpfungen wenig bekannt. War jemals eine Ueber-sicht vom Schaffen Courbets gegeben? Weiss man Genaueres von Manet und Degas, von Gustave Moreau, Cazin, Garriere und Besnard ? Von Rossetti, Watts. Burne Jones und Grane ? Von Wliistler und Sargent, von Morelli und Boldini. von Israels, Johansen, Zorn, von Wasnezow und den jungen Finnen, deren Bestrebungen sich so seltsam mit denen der österreichischen Künstler berühren ? Es wäre die Gulturaufgabe der Secession, hier den Hebel einzusetzen. Denn wenn der grossen internationalen Bewegung, die wir hinter uns haben, jetzt die Sehnsucht nach dem Heimischen, die Landsmannschaft dem Weltbürgerthum folgte, so ist deshalb doch kerne chinesische flauer nöthig. Wir wollen nie vergessen, welche Anregungen uns das Ausland gab, wollen unsere eigenen Bestrebungen festigen, indem wü' an classischen Documenten darthun, dass Aehnliches die Grossen des ganzen Erdballs erstreben. Und Wien wäre die Stadt, diese Grossen zu würdigen. Keine Parvenu-Stadt ist es, wie Berlin, sondern alter Culturboden, der nur lange brach lag. Aeussere Schwierigkeiten würden auch kaum vorliegen. Von Durand-Ruel in Paris, von Agnew in London wäre jederzeit Passendes zu beziehen. Aber nicht nur die Standardworks der modernen Kunst, auch alte Meister kämen in Frage. Ist es doch unheimlich, wie modern die Alten oft sind. Bei Pisanello und Piero della Francesca, bei Hugo van der Goes und Piero Pollajuolo, bei Piero di Cosimo und Filippino Lippi, bei Crivelli, Borgognone und Bellini, bei Leonardo und Dürer, beim Meister des Amsterdamer Cabinets, dem Severin-Meister und dem Meister des
Bartholomäus, bei Cranach, Hirschvogel und Feselen, bei Boltraffio und Luini, bei Scorcl und dem Meister der Ilalbfiguren, bei Lotto und Tintoretto, bei Valdes Leal und Salvator Rosa, bei Le Nain und van der Meer gibt es Dinge, dass man zurückprallt, wenn man in den Museen auf die Bilder stösst. Statt ins 15., 16. und 17. Jahrhundert scheinen sie in die Gegenwart zu gehören, von Degas oder einem Rosenkreuzer, von Watts oder Boecklin, von Moreau oder Thoma, von Khnopft" oder Forain herzurühren. Ein ganz Moderner, vor dessen Bildern in den Ausstellungen die Menge lacht, scheint sich eingeschlichen zu haben in die geweihten Räume. In den Museen bleibt das todt. Der Herbariums-Geschmack überwiegt so, dass man den Duft der frischen Blume schwer fühlt. Gerade deshalb müssen die alten Meister entdeckt werden. Es gilt, die Aeltesten und die Neuesten — wie es Mr. Leyland in London tliat — zuweilen zusammenzustellen, damit sich zeigt, wie modern oft die Alten, wie classisch die Modernen oll sind. Von den Kunstgeleluten ist dabei nichts zu hoffen. Nur der moderne Künstler kann die Belegstellen für die moderne Kunst sammeln. Nur wer das Herz seiner Zeit in sich pochen fühlt, kann auf dem Friedhofe der Vergangenheit die Gräber derer auffinden, die durch seeUsche Fäden mit uns verknüpft sind. Und welche Fülle von Schätzen würde gerade Wien, würden die Privatgalerien Oesterreichs bieten. Unbekanntes würde entdeckt, Todtes lebendig werden. Durch das Medium der Neuen würden wir die Alten, durch das der Alten die Neuen sehen. Es würde endlich der Beweis erbracht, dass die moderne Kunst nie daran dachte, sich in Gegensatz zu den Alten zu stellen,
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sondern, dass ihr grösster Triumph gerade darin liegt, die gute alte Tradition wieder gefunden zu haben. Noch andere Gesichtspunkte bieten sich dar. Denn es genügt nicht, eine Ausstellung zu m a c h e n. Es gilt, der Sache einen Sinn zu geben, e i n Thema von allen Seiten zu beleuchten. Es könnte das einemal der Wandel des Frauentypus, das anderemal die Geschichte des Arbeiterbildes, der Landschaft oder der Phantastik gezeigt werden. Das dachte ich mir neulich — unter anderem — während der Reise nach ^Vien. Es graute mir ein wenig vor der „graphischen Ausstellung". Denn dem Liebhaber, der seine Schätze in Mappen hat, sind solche Vorführungen zu ...
Bartholomäus, bei Cranach, Hirschvogel und Feselen, bei Boltraffio und Luini, bei Scorcl und dem Meister der Ilalbfiguren, bei Lotto und Tintoretto, bei Valdes Leal und Salvator Rosa, bei Le Nain und van der Meer gibt es Dinge, dass man zurückprallt, wenn man in den Museen auf die Bilder stösst. Statt ins 15., 16. und 17. Jahrhundert scheinen sie in die Gegenwart zu gehören, von Degas oder einem Rosenkreuzer, von Watts oder Boecklin, von Moreau oder Thoma, von Khnopft" oder Forain herzurühren. Ein ganz Moderner, vor dessen Bildern in den Ausstellungen die Menge lacht, scheint sich eingeschlichen zu haben in die geweihten Räume. In den Museen bleibt das todt. Der Herbariums-Geschmack überwiegt so, dass man den Duft der frischen Blume schwer fühlt. Gerade deshalb müssen die alten Meister entdeckt werden. Es gilt, die Aeltesten und die Neuesten — wie es Mr. Leyland in London tliat — zuweilen zusammenzustellen, damit sich zeigt, wie modern oft die Alten, wie classisch die Modernen oll sind. Von den Kunstgeleluten ist dabei nichts zu hoffen. Nur der moderne Künstler kann die Belegstellen für die moderne Kunst sammeln. Nur wer das Herz seiner Zeit in sich pochen fühlt, kann auf dem Friedhofe der Vergangenheit die Gräber derer auffinden, die durch seeUsche Fäden mit uns verknüpft sind. Und welche Fülle von Schätzen würde gerade Wien, würden die Privatgalerien Oesterreichs bieten. Unbekanntes würde entdeckt, Todtes lebendig werden. Durch das Medium der Neuen würden wir die Alten, durch das der Alten die Neuen sehen. Es würde endlich der Beweis erbracht, dass die moderne Kunst nie daran dachte, sich in Gegensatz zu den Alten zu stellen,
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sondern, dass ihr grösster Triumph gerade darin liegt, die gute alte Tradition wieder gefunden zu haben. Noch andere Gesichtspunkte bieten sich dar. Denn es genügt nicht, eine Ausstellung zu m a c h e n. Es gilt, der Sache einen Sinn zu geben, e i n Thema von allen Seiten zu beleuchten. Es könnte das einemal der Wandel des Frauentypus, das anderemal die Geschichte des Arbeiterbildes, der Landschaft oder der Phantastik gezeigt werden. Das dachte ich mir neulich — unter anderem — während der Reise nach ^Vien. Es graute mir ein wenig vor der „graphischen Ausstellung". Denn dem Liebhaber, der seine Schätze in Mappen hat, sind solche Vorführungen zu ...