Pfauenlieder, Begegnung mit dem verborgenen Indien (German Edition)

Indien, wie man es heute nicht mehr kennt. Die Autorin führte zwei Feldforschungsarbeiten in den 70iger Jahren durch. Sie gewann das Vertrauen von Menschen aus den verschiedenen Kasten, hatte Zugang zur Welt der Kastenlosen (Parias), erlebte unglaubliche Fähigkeiten indischer Yogis und lernte bei berühmten Musikern und Musikwissenschaftlern Unbekanntes über Yoga und Tantras. Packend und zugleich humorvoll sind die autobiografischen Geschichten, die zeigen, was es bedeutet, als junge Frau allein durch Indien zu reisen, die Abgründe der Kastengesellschaft ebenso zu erleben wie die Highlights der unscheinbaren Spiritualität. Die Autorin scheut sich nicht, die eigenen Gefühle angesichts des unsäglichen Leids, der Korruption und der Gleichgültigkeit zu offenbaren. Sie gibt einen aufschlußreichen Einblick in die Reste einer einst glanzvollen Kultur, gewann das Vertrauen der letzten lebenden Kurtisane und ihren Mädchen, die aus Mülltonnen gerettet wurden, lernte die Kaste der Trasvestiten, Hebammen und Gaukler kennen und musste immer schneller sein als die Polizeit, die es gar nicht gerne sah, wenn ein Westler das wahre Indien in der Hippie-Zeit suchte. Historisch gesehen ist das Buch sehr wertvoll, weil es indische Kulturbereiche Nordindiens beschreibt, die es heute nicht mehr oder kaum noch gibt. Bollywood ist das moderne seichte Opium für das Gros der Menschen, am Kastensystem nichts zu ändern, obgleich es von Mahatma Gandhi bereits 1947 gesetzlich verboten wurde. Aus diesem Blickwinkel ist zu verstehen, dass die Autorin es kritisch betrachtet, dass Yogis lieber im Westen missionieren als im eigenen Land ihre Popularität einzusetzen, um das unselige Kastensystem abzuschaffen. Doch die kritischen Aspekte halten sich die Waage mit den liebevoll beschriebenen Kleinodien menschlicher Größe im Verborgenen der indischen Kultur.