Magisterarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Politik - Methoden, Forschung, Note: 1,0, Universität zu Köln (Institut für politische Wissenschaft und europäische Fragen), 50 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Niemand weiß, wer zum ersten Mal den Gedanken äußerte, im Islam sei
zu einem Zeitpunkt das Tor der selbstständigen Suche geschlossen
worden. Die Bekenner der von Muhammed gestifteten Religion hätten sich
gleichsam in einer Festung des Glaubens zurückgezogen und sie nie
mehr verlassen, um den Unwägbarkeiten und Anfechtungen einer sich
wandelnden Welt die Stirn zu bieten. Im 19 Jh. jedenfalls mussten die
Muslime erkennen, wie sehr sie, die sich doch stets im Besitzt der
endgültigen Heilsbotschaft und der einzig wahren Deutung des
Weltgeschehens gewusst hatten, den europäischen Mächten unterlegen
waren, und nun schien jenes Bild die Lage treffend zu schildern. Die
Schließung der Tore der eigenen Urteilsfindung – im engeren Sinn auf
dem Gebiet des Rechts, im weiteren auch auf anderen Feldern geistiger
Tätigkeit – wurde zur Metapher für islamische Rückständigkeit und
Borniertheit, für den ins Auge springenden Niedergang einer einst
blühenden Kultur. Muslimische Reformbewegungen des ausgehenden 19.
Jahrhunderts bestritten, dass jenes Ereignis je stattgefunden habe, oder
forderten, dass das Tor endlich wieder aufgestoßen wird und nahmen für
sich das Recht in Anspruch, in der neuen geschichtlichen Lage auch zu
neuen, eigenständigen Entscheidungen vorzudringen.
Eigenständige Entscheidungen und Nachforschungen waren sowohl in
der Vergangenheit als auch in der Gegenwart nicht immer ohne politische
Komplikationen. Denn jegliche Art von Kritik an der Auslegung des Korans
mit modernen wissenschaftlichen – sprich: linguistischen, literaturwissenschaftlichen, historischen, psychologischen – Methoden, war nur unter der Vereinbarung und Einvernehmung mit den strikten, in sich verkrusteten,
sunnitisch-orthodoxen Dogmen möglich. Man denke zur Verdeutlichung
der Schwierigkeit der Aufgabe, den Glauben zu reformieren, an Marsilius
von Padua oder auch an Luther im christlichen Europa.
zu einem Zeitpunkt das Tor der selbstständigen Suche geschlossen
worden. Die Bekenner der von Muhammed gestifteten Religion hätten sich
gleichsam in einer Festung des Glaubens zurückgezogen und sie nie
mehr verlassen, um den Unwägbarkeiten und Anfechtungen einer sich
wandelnden Welt die Stirn zu bieten. Im 19 Jh. jedenfalls mussten die
Muslime erkennen, wie sehr sie, die sich doch stets im Besitzt der
endgültigen Heilsbotschaft und der einzig wahren Deutung des
Weltgeschehens gewusst hatten, den europäischen Mächten unterlegen
waren, und nun schien jenes Bild die Lage treffend zu schildern. Die
Schließung der Tore der eigenen Urteilsfindung – im engeren Sinn auf
dem Gebiet des Rechts, im weiteren auch auf anderen Feldern geistiger
Tätigkeit – wurde zur Metapher für islamische Rückständigkeit und
Borniertheit, für den ins Auge springenden Niedergang einer einst
blühenden Kultur. Muslimische Reformbewegungen des ausgehenden 19.
Jahrhunderts bestritten, dass jenes Ereignis je stattgefunden habe, oder
forderten, dass das Tor endlich wieder aufgestoßen wird und nahmen für
sich das Recht in Anspruch, in der neuen geschichtlichen Lage auch zu
neuen, eigenständigen Entscheidungen vorzudringen.
Eigenständige Entscheidungen und Nachforschungen waren sowohl in
der Vergangenheit als auch in der Gegenwart nicht immer ohne politische
Komplikationen. Denn jegliche Art von Kritik an der Auslegung des Korans
mit modernen wissenschaftlichen – sprich: linguistischen, literaturwissenschaftlichen, historischen, psychologischen – Methoden, war nur unter der Vereinbarung und Einvernehmung mit den strikten, in sich verkrusteten,
sunnitisch-orthodoxen Dogmen möglich. Man denke zur Verdeutlichung
der Schwierigkeit der Aufgabe, den Glauben zu reformieren, an Marsilius
von Padua oder auch an Luther im christlichen Europa.