Geschichten von Samaná
Bachata am Strand oder: Wenn Frauen stolz auf ihre Kurven sind
von Martina Ouillon
Hätte ich doch nur mal abgenommen. Dann müsste ich mich im Urlaub nicht in einen Badeanzug zwängen. So oder ähnlich waren meinen Gedanken, als ich den Koffer packte. Wobei, wenn ich es recht bedachte, es könnte ja eventuell der wenn auch unwahrscheinliche, so doch immerhin mögliche Fall eintreten, dass ich, vielleicht eingeleitet durch einen Magen-Darm-Virus und absoluter Appetitlosigkeit auf dem Hinflug so um die, sagen wir mal, fünfzehn Kilos verliere. Mit einem Traumgewicht von, nanana, ich werde doch wohl nicht mein Gewicht aufs Papier bannen!, also gut, mit einer Leichtigkeit von 15 Kilos weniger würde ich selbstredend eine gute Figur am Strand machen. Da wollte ich doch gerüstet sein! Ohne viel Federlesens kramte ich den Bikini aus der hintersten Ecke meines Schranks und stopfte ihn in den Koffer. Und weil man auf einem Bein allein nicht stehen kann, packte ich drei Weitere in die Seitentasche, Badezeug konnte man schließlich nie genug dabei haben.
Diese Szene, liebe Leserinnen und Leser, ereignete sich vor meiner Abreise nach Samanà, einer traumhaft schönen Insel, die zur Domenikanischen Republik gehört. Aber das wissen Sie ja schon längst. Es heißt, wenn man Samaná verlässt, verlassen einen auch die Geschichten, die man dort erlebt hat. Sie lösen sich auf wie Fußspuren im Sand, die die Wellen überspülen. Das behauptet zumindest Miguel, der Langustenfischer, den ich an der Playa Rincón traf.
Seither ließ mich Miguels Warnung nicht mehr los. Die Geschichten, die Eindrücke, meine krausen Ideen und Gedanken überfluteten mich förmlich. Ich konnte gar nicht anders, ich musste sie unbedingt festhalten.
Im tiefsten Innern befürchtete ich nämlich, es könnte etwas dran sein an seiner Behauptung, also machte ich mir unentwegt Notizen. Urlaub hin oder her. Immer und überall schrieb ich Worte auf, am Strand, auf dem Markt, im Restaurant bat ich den Kellner um einen Stift, um mir etwas auf den Handrücken zu kritzeln. Unter karibischer Sonne verändert sich die Perspektive. Die Frauen hier sind stolz auf ihre Kurven, zumindest kommt mir das so vor. Ganz gleich, ob sie in Konfektionsgröße 36 oder 46 passen, sie haben alle einen aufrechten Gang. Da wird nichts kaschiert oder gar der Bauch eingezogen. Frau trägt Miniröcke auch in großen Größen, ist in der Regel dekolletiert, und bewegt sich mit einer Anmut, die ihresgleichen sucht.
Mir dämmert, dass mir ein solches Selbstbewusstsein offenbar klammheimlich abhanden gekommen ist. Bestimmt schlummert es noch tief und fest in den Wartezimmern der Arztpraxen, in denen ich des Öfteren herumlungere dank meines umtriebigen Sohns, der Autotüren zuschlägt, ohne vorher seine Finger wegzuziehen, der sich todesmutig von Bäumen stürzt, ohne sich hinterher abzurollen, kurz, der es immer wieder schafft, sich beim Springen, Klettern, Laufen, Turnen Beulen, Krater und Kratzer zuzulegen.
Bachata am Strand oder: Wenn Frauen stolz auf ihre Kurven sind
von Martina Ouillon
Hätte ich doch nur mal abgenommen. Dann müsste ich mich im Urlaub nicht in einen Badeanzug zwängen. So oder ähnlich waren meinen Gedanken, als ich den Koffer packte. Wobei, wenn ich es recht bedachte, es könnte ja eventuell der wenn auch unwahrscheinliche, so doch immerhin mögliche Fall eintreten, dass ich, vielleicht eingeleitet durch einen Magen-Darm-Virus und absoluter Appetitlosigkeit auf dem Hinflug so um die, sagen wir mal, fünfzehn Kilos verliere. Mit einem Traumgewicht von, nanana, ich werde doch wohl nicht mein Gewicht aufs Papier bannen!, also gut, mit einer Leichtigkeit von 15 Kilos weniger würde ich selbstredend eine gute Figur am Strand machen. Da wollte ich doch gerüstet sein! Ohne viel Federlesens kramte ich den Bikini aus der hintersten Ecke meines Schranks und stopfte ihn in den Koffer. Und weil man auf einem Bein allein nicht stehen kann, packte ich drei Weitere in die Seitentasche, Badezeug konnte man schließlich nie genug dabei haben.
Diese Szene, liebe Leserinnen und Leser, ereignete sich vor meiner Abreise nach Samanà, einer traumhaft schönen Insel, die zur Domenikanischen Republik gehört. Aber das wissen Sie ja schon längst. Es heißt, wenn man Samaná verlässt, verlassen einen auch die Geschichten, die man dort erlebt hat. Sie lösen sich auf wie Fußspuren im Sand, die die Wellen überspülen. Das behauptet zumindest Miguel, der Langustenfischer, den ich an der Playa Rincón traf.
Seither ließ mich Miguels Warnung nicht mehr los. Die Geschichten, die Eindrücke, meine krausen Ideen und Gedanken überfluteten mich förmlich. Ich konnte gar nicht anders, ich musste sie unbedingt festhalten.
Im tiefsten Innern befürchtete ich nämlich, es könnte etwas dran sein an seiner Behauptung, also machte ich mir unentwegt Notizen. Urlaub hin oder her. Immer und überall schrieb ich Worte auf, am Strand, auf dem Markt, im Restaurant bat ich den Kellner um einen Stift, um mir etwas auf den Handrücken zu kritzeln. Unter karibischer Sonne verändert sich die Perspektive. Die Frauen hier sind stolz auf ihre Kurven, zumindest kommt mir das so vor. Ganz gleich, ob sie in Konfektionsgröße 36 oder 46 passen, sie haben alle einen aufrechten Gang. Da wird nichts kaschiert oder gar der Bauch eingezogen. Frau trägt Miniröcke auch in großen Größen, ist in der Regel dekolletiert, und bewegt sich mit einer Anmut, die ihresgleichen sucht.
Mir dämmert, dass mir ein solches Selbstbewusstsein offenbar klammheimlich abhanden gekommen ist. Bestimmt schlummert es noch tief und fest in den Wartezimmern der Arztpraxen, in denen ich des Öfteren herumlungere dank meines umtriebigen Sohns, der Autotüren zuschlägt, ohne vorher seine Finger wegzuziehen, der sich todesmutig von Bäumen stürzt, ohne sich hinterher abzurollen, kurz, der es immer wieder schafft, sich beim Springen, Klettern, Laufen, Turnen Beulen, Krater und Kratzer zuzulegen.
